Innendämmung in Feucht- und Nassräumen

Augenmerk auf
Bauphysik und Abdichtung

Text: Prof. Dr.-Ing. Peter Schmidt | Foto (Header): © denisismagilov – stock.adobe.com

Die Innendämmung von Bauteilen in Feucht- und Nassräumen stellt besondere Herausforderungen an die Planung und Ausführung aus bauphysikalischer sowie abdichtungstechnischer Sicht. Einerseits wird durch eine Innendämmung der Taupunkt in den Bauteilquerschnitt verlagert, wodurch spezielle konstruktive Maßnahmen erforderlich sind, um Tauwasserbildung und daraus resultierende Schäden zu vermeiden. Andererseits ist aufgrund der Wassereinwirkung, wie sie in Feucht- und Nassräumen anzunehmen ist, zusätzlich eine raumseitige Abdichtung vorzusehen. Was gilt es dabei zu beachten und welche Lösungen gibt es für solche Fälle?

Auszug aus:

EnEV Baupraxis
Fachmagazin für energieeffiziente Neu- und Bestandsbauten
Ausgabe Mai / Juni 2019
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Eine Innendämmung, d. h., die Anordnung einer Dämmschicht auf der raumzugewandten Bauteiloberfläche, ist immer dann erforderlich, wenn auf der Außenseite keine Dämmung angeordnet werden kann. Insbesondere bei Modernisierungsmaßnahmen im Bestand kann die Innendämmung die einzige Möglichkeit sein, um die Gebäudehülle energetisch zu verbessern. Die Gründe hierfür können verschiedene Ursachen haben. Beispielsweise können Vorschriften des Denkmalschutzes fordern, dass die Fassade nicht geändert werden darf (wie z. B. bei vielen historischen Fachwerkhäusern). Auch bei Bauteilen, die unmittelbar an die Grundstücksgrenze oder eine öffentliche Verkehrsfläche reichen, kann eine Außendämmung in vielen Fällen nicht ohne Weiteres ausgeführt werden, wenn die erforderliche Genehmigung des benachbarten Grundstückeigentümers nicht vorliegt oder andere Gründe dagegen sprechen (wie z. B. die unzulässige Einengung der öffentlichen Verkehrsfläche). Weiterhin kann eine Innendämmung auch aus konstruktiven und wirtschaftlichen Gründen erforderlich sein, bspw. bei erdberührten Bauteilen (z. B. Kelleraußenwände), bei denen eine Außendämmung nachträglich nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand realisiert werden könnte.

Bauteile mit Innendämmung

Die typische Konstruktion eines Bauteils mit Innendämmung soll am Beispiel einer Außenwand erläutert werden. Auf der Innenseite befindet sich üblicherweise eine Bekleidung aus plattenförmigen Bauteilen (z. B. aus Gipsbauplatten, zementgebundenen mineralischen Bauplatten oder Holzwerkstoffplatten). Sie dient dazu, einerseits einen geeigneten Untergrund für weitere raumseitige Bauteilschichten zu schaffen und andererseits die angrenzende Dämmschicht zu schützen. In Innenräumen, die eine Abdichtung erfordern, wie z. B. in Feucht- und Nassräumen, bildet die Bekleidung außerdem den Abdichtungsuntergrund und muss daher je nach Wassereinwirkung bestimmte Anforderungen erfüllen. Bei hoher Wassereinwirkung dürfen bspw. keine Untergründe aus feuchteempfindlichen Materialien (wie Gips) verwendet werden. Hierauf wird weiter unten noch genauer eingegangen. Zwischen der raumseitigen Bekleidung und der Innendämmung wird in der Regel eine Dampfsperre angeordnet, sofern die Bekleidung selbst die Funktion nicht übernehmen kann. Die Dampfsperre soll Wasserdampfdiffusion ins Bauteilinnere verhindern bzw. so weit mindern, dass schädliche Tauwasserbildung im Querschnitt ausgeschlossen wird. Für die Überprüfung bzw. den rechnerischen Nachweis der Tauwasserbildung stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung (siehe nächster Abschnitt). An die Innendämmung schließen sich die weiteren Bauteilschichten der Wandkonstruktion an, die von der Bauweise abhängen (z. B. Mauerwerk, Außenputz). Der grundsätzliche Aufbau einer Außenwand mit Innendämmung ist in Bild 1 dargestellt. Neben der hier gezeigten klassischen Konstruktion, bei der die Innendämmung mit einer raumseitigen Bekleidung abgedeckt wird und dazwischen eine Dampfsperre angeordnet ist, existieren noch weitere Lösungsmöglichkeiten, die z. B. von verschiedenen Herstellern der Baustoffindustrie angeboten werden. Hierauf wird in diesem Beitrag nicht eingegangen. Auch Bodenplatten oder Dächer können auf der Innenseite mit einer Dämmung versehen werden, wobei der oben beschriebene prinzipielle Aufbau (bestehend aus Bekleidung/Belag, Dampfsperre, Dämmschicht (innen), Tragkonstruktion) beibehalten wird.

 

Bauphysikalische Besonderheiten

Bei Bauteilen mit Innendämmung ergeben sich in den auf der raumabgewandten Seite liegenden Bauteilschichten im Winter relativ niedrige Temperaturen, da das größte Temperaturgefälle in der Dämmschicht, d. h. auf der raumzugewandten Seite des Bauteils auftritt. Aufgrund des vorherrschenden Dampfdruckgefälles, das im Winter zwischen dem Innenraum und der Außenluft herrscht, kann Wasserdampf von der raumseitigen Oberfläche durch die Dämmung in die kühlen Bereiche des Querschnitts diffundieren, sofern die Schichten wasserdampfdurchlässig sind. In solchen Fällen kann sich Tauwasser im Bauteilinnern bilden, wobei das Tauwasser in solchen Fällen typischerweise an der Schichtgrenze zwischen der Innendämmung und der direkt angrenzenden äußeren Bauteilschicht auftritt. Das lässt sich in der Regel nur vermeiden, indem eine Dampfsperre (z. B. eine PE-Folie) auf der warmen Seite der Dämmschicht, also raumseitig, angeordnet wird. Die Dampfsperre muss nicht nur im Normalbereich funktionsfähig sein, sondern den Diffusionsstrom auch im Bereich von Durchdringungen, Anschlüssen und Bauteileinbindungen dauerhaft unterbinden. Daher sind an diesen Stellen dampfdichte Anschlüsse und/oder Überlappungen vorzusehen. Nur bei einer Innendämmung mit geringer Dicke (ca. ≤ 2 cm) sowie einer gleichzeitig angeordneten raumseitigen Bekleidung, die einen hohen Wasserdampfdiffusionswiderstand aufweist, kann auf eine Dampfsperre verzichtet werden. Es wird allerdings dringend empfohlen, das Tauwasserrisiko eines Bauteils mit Innendämmung mit einem geeigneten Verfahren zu überprüfen und die Dampfsperre ausreichend zu bemessen (siehe nächster Abschnitt). Der charakteristische Temperaturverlauf in einem Bauteil mit Innendämmung sowie der Verlauf des Wasserdampfdrucks und die Wirkungsweise der Dampfsperre zeigt Bild 2.

Neben dem erhöhten Tauwasserrisiko ergeben sich bei Bauteilen mit Innendämmung außerdem nachteilige Einflüsse durch Wärmebrücken, die konstruktionsbedingt an vielen Stellen vorkommen, wie z. B. an Anschlüssen, Fensterleibungen und -brüstungen sowie im Bereich von Einbindungen von Innenwänden. Hier treten neben erhöhten Transmissionswärmeverlusten außerdem niedrigere raumseitige Oberflächentemperaturen auf, die wiederum das Risiko der Tauwasserbildung – diesmal auf der Bauteilinnenoberfläche – sowie das Schimmelpilzrisiko erhöhen. Deshalb wird dringend empfohlen, bei der Planung nicht nur den Regelquerschnitt zu betrachten, sondern auch Details und Bauteilanschlüsse hinsichtlich der Auswirkungen durch Wärmebrückeneinflüsse zu untersuchen. Der Einfluss von Wärmebrücken bei Innenwandeinbindungen kann durch eine Flankendämmung, das heißt, eine bereichsweise angeordnete Dämmschicht auf der Innenwandoberfläche vermindert werden.

Wände mit Innendämmung müssen einen ausreichenden Schlagregenschutz aufweisen, damit Feuchtigkeit nicht von außen in die Wandkonstruktion eindringen kann. Diese Forderung ist umso wichtiger, da die Trocknung bei einer Wand mit Innendämmung überwiegend zur Außenseite erfolgt. Außerdem dürfen nur diffusionsoffene Anstriche oder -beschichtungen auf der Wandaußenseite verwendet werden, um die Trocknung nicht zu behindern.

 

Verfahren zur Beurteilung des Risikos der Tauwasserbildung

Bauteile mit Innendämmung bergen das Risiko der Tauwasserbildung im Innern des Querschnitts. Bei der Planung ist daher eine genaue Untersuchung erforderlich, um spätere Schäden zuverlässig und dauerhaft zu vermeiden. Für die Beurteilung des Risikos der Tauwasserbildung sowie für die Bemessung der Dampfsperre stehen folgende Verfahren zur Verfügung:

  • Periodenbilanzverfahren nach DIN 4108-3 [1].
  • Monatsbilanzverfahren nach DIN EN ISO 13788 [2].
  • Hygrothermische Simulation mit Hilfe einer geeigneten Software, wobei für die Berechnung die in DIN 4108-3 festgelegten Randbedingungen anzunehmen sind.

Die drei Verfahren unterscheiden sich sowohl im Anwendungsbereich als auch in der Genauigkeit der Vorhersage.

Das Periodenbilanzverfahren nach DIN 4108-3 (das nach seinem ursprünglichen Entwickler Glaser auch als Glaserverfahren bezeichnet wird) stellt eine vereinfachte Methode für die Beurteilung des Tauwasserrisikos in Bauteilen dar. Es gelten bestimmte vereinfachende Annahmen, die die Anwendung des Verfahrens allerdings einschränken. Die der Beurteilung zugrunde gelegten Klimarandbedingungen für die Tauperiode (Winter) und Verdunstungsperiode (Sommer) werden bspw. jeweils als konstant angenommen (Bild 4). Das Glaserverfahren ist daher für bestimmte Fälle und Konstruktionen nicht anwendbar. Das gilt besonders für Situationen mit abweichenden Klimabedingungen. Dazu zählen erdberührte Bauteile und Bauteile von Räumen, die mit einer hohen Feuchtelast beaufschlagt werden, wie z. B. Schwimmbäder oder Räume, in denen dauernd eine hohe relative Luftfeuchte herrscht. Auch Außenwände mit Innendämmung mit einem Wärmedurchlasswiderstand der Dämmschicht von R > 1,0 m²K/W (das sind Dämmschichten mit einer Dicke von mehr als 4 cm) können mit dem Glaserverfahren nach DIN 4108-3 nicht überprüft werden. Für raumklimatische Verhältnisse, wie sie typischerweise in Wohngebäuden auftreten, ist das Glaserverfahren eine geeignete Methode, um das Tauwasserrisiko abzuschätzen.

Zur Vereinfachung sind in DIN 4108-3, Abschnitt 5.3 auch Bauteile angegeben, für die kein rechnerischer Tauwassernachweis erforderlich ist, wenn bestimmte konstruktive Randbedingungen eingehalten werden. Hierzu gehören auch Wandkonstruktionen mit Innendämmung, wenn der Wärmedurchlasswiderstand der Dämmschicht R ≤ 0,5 m²K/W beträgt. Das entspricht einer Dämmschichtstärke von 2 cm bei einer Wärmeleitfähigkeit von 0,04 W/(mK). Auch bei Bauteilen mit Innendämmung mit einem Wärmedurchlasswiderstand der Dämmschicht von 0,5 < R ≤ 1,0 m²K/W ist kein rechnerischer Nachweis erforderlich, wenn eine ausreichend diffusionshemmende raumseitige Bekleidung vorhanden ist. Weiterhin dürfen die Außenwände keiner Schlagregenbeanspruchung ausgesetzt sein. Zusätzlich ist sicherzustellen, dass ein Einströmen von Raumluft in bzw. hinter die Innendämmung verhindert wird, um konvektive Tauwasserbildung auszuschließen. Für die in diesem Beitrag betrachteten Bauteile mit Innendämmung in Feucht- und Nassräumen ergeben sich allerdings einige Einschränkungen hinsichtlich der Anwendung des Glaserverfahrens. Während die Beurteilung des Tauwasserrisikos in der Heizperiode bei Außenbauteilen von Feuchträumen in üblichen Wohngebäuden (wie z. B. bei Badezimmern) mit dem Glaserverfahren durchaus zuverlässige Ergebnisse liefert, werden die Anwendungsgrenzen bei Räumen mit hoher Feuchtelast und höheren Raumlufttemperaturen (wie z. B. in Duschräumen von Sportanlagen oder in Schwimmbädern) überschritten. Hier ist das Glaserverfahren nach DIN 4108-3 nicht geeignet und darf nicht angewendet werden.

Beim Monatsbilanzverfahren nach DIN EN ISO 13788 wird eine monatliche Feuchtebilanzierung vorgenommen, wobei für die Berechnung monatlich festgelegte Klimarandbedingungen (Temperatur, relative Luftfeuchte) zugrunde gelegt werden. Das Monatsbilanzverfahren ist im Gegensatz zum Periodenbilanzverfahren nach DIN 4108-3 daher auch für Gebäude mit höheren inneren Feuchtelasten und abweichenden Temperaturen geeignet, um das Tauwasserrisiko im Bauteilinneren zu beurteilen. Zudem eignet sich das Monatsbilanzverfahren auch für die Überprüfung der Tauwasserbildung in Bauteilen während Kühlperioden, wenn die Raumlufttemperatur niedriger als die Außenlufttemperatur ist (wie z. B. im Sommer). Die Überprüfung des Tauwasserrisikos von Bauteilen mit Innendämmung in Nassräumen (wie z. B. in Duschen von Sportstätten, Schwimmbäder) sollte daher standardmäßig mit dem Monatsbilanzverfahren nach DIN 13788 erfolgen.

Die Berechnung von Bauteilen mit Hilfe einer hygrothermischen Simulation erlaubt einen größeren Detaillierungsgrad und Anwendungsbereich im Vergleich zu den beiden anderen genannten Nachweisverfahren. Hierzu wird das zu untersuchende Bauteil in finite Elemente zerlegt, wobei das Elementnetz in der Größenordnung von Millimetern bis Zentimetern variiert. Der Feuchtetransport im Bauteil kann rechnerisch sowohl in der flüssigen (Wasser), als auch in der gasförmigen Phase (Wasserdampf) erfasst werden. Als Eingabegrößen werden die Bauteilgeometrie, die hygrothermischen Stoffeigenschaften sowie die Klimadaten benötigt. Der Aufwand für die Modellierung ist allerdings relativ groß, sodass sich die Untersuchung eines Bauteils mit Hilfe der hygrothermischen Simulation in der Regel erst lohnt, wenn die bereits beschriebenen Verfahren nicht angewendet werden können oder zu unwirtschaftlichen Ergebnissen führen würden. Ein Ablaufdiagramm als Entscheidungshilfe für die Auswahl des geeigneten Verfahrens für die Beurteilung von Bauteilen mit Innendämmung in Feucht- und Nassräumen hinsichtlich Tauwasserbildung ist in Bild 3 dargestellt.

 

Regelwerke für die Abdichtung in Feucht- und Nassräumen

Für die Abdichtung von Bauwerken gilt seit 2017 eine neue Normenreihe, die aus den Einzelnormen DIN 18531 bis DIN 18535 sowie der DIN 18195 [5] besteht. Für die Abdichtung von Boden- und Wandflächen in Feucht- und Nassräumen ist primär DIN 18534 „Abdichtung von Innenräumen“ [3] von Bedeutung. Die Norm enthält Regeln für die Planung, Ausführung und Instandhaltung der Abdichtung in Innenräumen gegen verschiedene Wassereinwirkungen, wie Spritz-, Brauch- und Reinigungswasser bis zu einer Anstauhöhe von 10 cm. Für die Abdichtung von Behältern und Becken gegen von innen drückendes Wasser gilt dagegen DIN 18535 „Abdichtung von Behältern und Becken“ [4]. Diese Norm ist zu beachten, wenn z. B. ein Schwimmbad geplant wird. In diesem Fall ist die Abdichtung des Beckens nach DIN 18535 zu planen und auszuführen, während für die Beckenumgänge sowie die Wandflächen in der Schwimmhalle DIN 18534 gilt. Es ist zu beachten, dass die beiden Normen DIN 18534 und DIN 18535 nur für die Abdichtung gegen von innen wirkendes Wasser gelten (d. h. gegen Spritzwasser, Brauchwasser und Beckenwasser), nicht jedoch für Wassereinwirkungen von außen. Für diese Fälle sind DIN 18531 „Abdichtung von Dächern …“ [6] sowie DIN 18533 „Abdichtung von erdberührten Bauteilen“ [7] anzuwenden. Dächer und erdberührte Bauteile von Feucht- und Nassräumen müssen daher zusätzlich zu der innenseitigen Abdichtung gegen von innen wirkendes Wasser auch mit einer Außenabdichtung versehen werden, die die Bauteile gegen Niederschlagswasser (bei Dächern) oder Bodenfeuchte, nichtdrückendes oder drückendes Wasser von außen (bei erdbeerdberührten Bauteilen) schützen. Die für Bauwerksabdichtungen bisher geltende DIN 18195 wurde mit der Neufassung der Normenreihe vollständig überarbeitet. Sie hat nur noch die Funktion eines Rahmendokuments und enthält allgemeine Begriffsdefinitionen, die für alle Teile der Normenreihe gelten. Die Normenreihe DIN 18531 bis DIN 18535 gilt für Neubauten sowie im Bestand (Bauwerkserhaltung, Baudenkmalpflege). Eine Übersicht über die verschiedenen Anwendungsbereiche der Einzelnormen für die Abdichtung von Bauwerken zeigt Bild 6.

 

Wassereinwirkungsklassen in Feucht- und Nassräumen

Die Dimensionierung der raumseitigen Abdichtung von Feucht- und Nassräumen ist im Wesentlichen von der Art und Intensität der Wassereinwirkung abhängig. In DIN 18534 werden zur Differenzierung vier verschiedene Wassereinwirkungsklassen herangezogen (W0-I: geringe Wassereinwirkung; W1-I: mäßig; W2-I: hoch; W3-I: sehr hoch). Für die Planung wird die zu erwartende Wassereinwirkung für jede abzudichtende Fläche einer Wassereinwirkungsklasse zugeordnet (Bild 5). Nach DIN 18534 ist eine Abdichtung von Innenräumen erforderlich bei W2-I und W3-I, bei W1-I auf Bodenflächen, bei W1-I an Wandflächen, wenn feuchteempfindliche Untergründe vorliegen oder wenn bei feuchteunempfindlichen Untergründen (wie z. B. Beton, Kalkzementputz) Brauchwasser in feuchteempfindliche Bauteilschichten (z. B. Dämmschichten) gelangen kann.

Dagegen kann auf eine Abdichtung in folgenden Fällen verzichtet werden:

  • bei W1-I an Wandflächen, wenn feuchteunempfindliche Untergründe vorhanden sind, die einen ausreichenden Feuchteschutz sicherstellen und Brauchwasser nicht in feuchteempfindliche Bauteilschichten gelangen kann. Durchdringungen, Rand- und  Anschlussfugen müssen daher gegen eindringendes Wasser dauerhaft geschützt werden.
  • bei W0-I, sofern die Oberflächen wasserabweisend sind und einen ausreichenden Schutz bieten.
  • bei Flächen, bei denen eine Spritzwassereinwirkung nicht zu erwarten ist.

Einige Beispiele für die Zuordnung von Boden- und Wandflächen zu den Wassereinwirkungsklassen sind exemplarisch in Bild 7 dargestellt. Bei den Wassereinwirkungsklassen W0-I und W1-I dürfen auch feuchteempfindliche Untergründe angewendet werden. Dazu gehören Baustoffe aus bzw. in Verbindung mit Gips (wie z. B. Gips- und Gipskalkputze, Gips-Wandbauplatten, Gipsfaserplatten sowie Holz und Holzwerkstoffe). Bei W2-I und W3-I muss der Abdichtungsuntergrund aus feuchteunempfindlichen Materialien bestehen, wie z. B. Beton, Kalkzementputz oder zementgebundene mineralische Bauplatten; feuchteempfindliche Untergründe sind hier nicht zulässig. Zudem ist bei Trockenbaukonstruktionen zu beachten, dass das Metall-Ständerwerk korrosionsgeschützt sein muss. Bei einem Ständerwerk aus Holz ist der Holzschutz nach DIN 68800 [8] zu beachten, d. h. die Konstruktion ist durch Holzschutzmaßnahmen zu schützen und/oder es sind resistente Hölzer zu verwenden. Weiterhin ist die Auslegung der Abdichtung in Feucht- und Nassräumen von zu erwartenden mechanischen Einwirkungen aus dem Untergrund abhängig. Zu mechanischen Einwirkungen zählen Fugenbewegungen und Rissbildungen im Untergrund. Zur Beschreibung der Fugenbewegungen werden die Fugenarten F1-I bis F3-I unterschieden (DIN 18534). Für die Berücksichtigung von Rissbildungen im Abdichtungsuntergrund werden die Rissklassen R1-I bis R3-I unterschieden (Bild 8). Hier ist zu zu beachten, dass die Abdichtung nur solche Rissbreitenänderungen und Neurissbildungen überbrücken muss, die nach dem Aufbringen der Abdichtung auftreten. Für Wände mit einer Innendämmung und einer raumseitig angeordneten plattenförmigen Bekleidung ergeben sich für die Abdichtung folgende Konsequenzen:

1. Wandflächen in häuslichen Badezimmern mit geringer (W0-I) und mäßiger (W1-I) Wassereinwirkung: Wandflächen in häuslichen Badezimmern werden den Wassereinwirkungsklassen W0-I (Wandflächen über Waschbecken) oder W1-I (Wandflächen über Badewannen und in Duschen) zugeordnet. Auf Wandflächen mit W1-I sollte eine Abdichtung angeordnet werden, da die bei einer Innendämmung raumseitig angeordnete Bekleidung oft aus feuchteempfindlichen Materialien besteht (z. B. Gipsbauplatten, Holzwerkstoffplatten) sowie die Gefahr von eindringender Feuchtigkeit in die Dämmschicht gegeben ist. Selbst bei Wandflächen, die nur W0-I zugeordnet werden und nach Norm eigentlich keine Abdichtung erforderlich ist, sofern die Oberfläche ausreichend wasserabweisend ist, wird empfohlen, hier eine Abdichtung vorzusehen, um die Bekleidung und Dämmschicht zuverlässig zu schützen.

2. Wandflächen in Duschen in Sport- oder Schwimmbädern mit hoher (W2-I) und sehr hoher (W3-I) Wassereinwirkung: Hier ist wie nach Norm vorgesehen eine Abdichtung anzuordnen.

 

Abdichtung im Verbund mit Fliesen oder Platten

Die Abdichtung in Feucht- und Nassräumen wird in vielen Fällen als Verbundabdichtung mit Fliesen oder Platten (AIV-F) ausgeführt. Bei der Verbundabdichtung bilden die in Dünnbettmörtel verlegten Fliesen oder Platten die Nutzschicht und übernehmen gleichzeitig die Schutzfunktion für die unter dem Belag oder der Bekleidung angeordnete Abdichtung. Für die Ausführung des Dünnbettmörtels ist DIN 18157 [9] zu beachten. Als Nutzschicht können bspw. keramische Fliesen oder Platten nach DIN EN 14411 [10] sowie Naturwerkstein nach DIN EN 12057 (Fliesen) [11] bzw. DIN EN 12058 (Platten) [12] verwendet werden. Die Abdichtung besteht aus flüssig zu verarbeitenden Stoffen und kann somit leicht auch im Bereich geometrisch komplizierter Details auf den Untergrund aufgebracht werden. Als Abdichtungsstoffe werden Polymerdispersionen (DM), rissüberbrückende mineralische Dichtungsschlämmen (CM) und Reaktionsharze (RM) verwendet. Für die Planung und Ausführung von Abdichtungen im Verbund mit Fliesen oder Platten gilt der Teil 3 der DIN 18534. Danach sind Abdichtungsbauarten mit rissüberbrückenden mineralischen Dichtungsschlämmen sowie Reaktionsharzen für die Abdichtung von Boden- und Wandflächen bei allen Wassereinwirkungsklassen (W0-I bis W3-I) geeignet. Abdichtungsbauarten mit Polymerdispersionen sind dagegen nur für geringe und mäßige Wassereinwirkungen (auf Böden) zugelassen (W0-I und W1-I) und eignen sich z. B. für die Abdichtung in häuslichen Badezimmern. Für Wandflächen mit Polymerdispersionen ist zusätzlich noch W2-I (hohe Wassereinwirkung) möglich. Mit Verbundabdichtungen können Risse der Rissklasse R1-I überbrückt werden (Rissbreiten bis 0,2 mm). Damit können für den Abdichtungsuntergrund Bekleidungen aus plattenförmigen Bauteilen verwendet werden, sofern die Fugen kraftschlüssig geschlossen sind. Für die Abdichtungssysteme wird entweder eine ETA (Europäische Technische Zulassung) oder ein abP (allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis) auf Basis der PGAIV-F [13] benötigt. Eine Übersicht über die Zuordnung der Abdichtungsbauarten zu den Wassereinwirkungsklassen und Rissklassen ist in Tabelle 9 angegeben. Bei der Ausführung der Abdichtung ist die Mindesttrockenschichtdicke zu beachten. Sie darf an keiner Stelle der abzudichtenden Fläche unterschritten werden. Damit die Mindesttrockenschichtdicke eingehalten wird, ist ein Schichtdickenzuschlag zu berücksichtigen, der vom Hersteller angegeben wird bzw. mit mindestens 25 % der Mindesttrockenschichtdicke anzunehmen ist, wenn keine Angaben vorliegen. Die Ausführung einer Verbundabdichtung mit Fliesen oder Platten bei einer innen gedämmten Wand ist in Bild 10 dargestellt. Neben der bewährten Verbundabdichtung mit Fliesen oder Platten (AIV-F) unter Verwendung flüssiger Abdichtungsstoffe existieren noch solche mit bahnen- und plattenförmigen Abdichtungsstoffen im Verbund mit Fliesen oder Platten. Zudem kann die Abdichtung von Innenräumen auch mit Bahnen hergestellt werden. Hier wird auf die DIN 18534 verwiesen.

 

Fazit

Bauteile mit Innendämmung weisen einige bauphysikalische Besonderheiten auf, die bei der Planung und Ausführung berücksichtigt werden müssen, um Schäden zu vermeiden. Besondere Beachtung ist dabei der zuverlässigen Vermeidung von schädlicher Tauwasserbildung im Bauteilinneren zu schenken. Dazu ist eine Dampfsperre raumseitig der Dämmschicht einzubauen, die den im Winter wirkenden Diffusionsstrom auf ein unschädliches Maß reduziert. Bei Bauteilen in Feucht- oder Nassräumen ist zudem eine Abdichtung auf der Innenoberfläche vorzusehen, um ein Eindringen von Spritz- oder Brauchwasser in die Baukonstruktion zu verhindern. Bei innen gedämmten Bauteilen stellt eine Abdichtung im Verbund mit Fliesen oder Platten (AIV-F) eine geeignete Lösung dar, um die Anforderungen zu erfüllen.

 

Literatur

[1] DIN 4108-3: Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung; Beuth V erlag

[2] DIN EN ISO 13788:2013-05: Wärme- und feuchtetechnisches Verhalten von Bauteilen und Bauelementen – Raumseitige Oberflächentemperatur zur Vermeidung kritischer Oberflächenfeuchte und Tauwasserbildung im Bauteilinnern – Berechnungsverfahren; Beuth Verlag, Berlin

[3] DIN 18534:2017-07: Abdichtung von Innenräumen; Teile 1 bis 6; Beuth Verlag, Berlin

[4] DIN 18535:2017-07: Abdichtung von Behältern und Becken; Teile 1 bis 3; Beuth Verlag, Berlin

[5] DIN 18195:2017-07: Abdichtung von Bauwerken – Begriffe; Beuth Verlag, Berlin

[6] DIN 18531:2017-07: Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen; Teile 1 bis 5; Beuth Verlag, Berlin

[7] DIN 18533:2017-07: Abdichtung von erdberührten Bauteilen; Teile 1 bis 3; Beuth Verlag, Berlin

[8] DIN 68800: Holzschutz; Teile 1 bis 4; verschiedene Ausgabejahre; Beuth Verlag, Berlin

[9] DIN EN 14411:2016-12: Keramische Fliesen und Platten – Definitionen, Klassifizierung, Eigenschaften, Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit und Kennzeichnung; Beuth Verlag, Berlin

[10] DIN EN 12057:2015-05: Natursteinprodukte – Fliesen – Anforderungen; Beuth Verlag, Berlin

[11] DIN EN 12058:2015-05: Natursteinprodukte – Bodenplatten und Stufenbeläge – Anforderungen; Beuth Verlag, Berlin

[12] DIN 18157:2017-04: Ausführung von Bekleidungen und Belägen in Dünnbettverfahren; Teile 1 bis 3; Beuth Verlag, Berlin

[13] PG-AIV-F: Prüfgrundsätze zur Erteilung von allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Abdichtungen im Verbund mit Fliesen und Plattenbelägen – Teil 1: Flüssig zu verarbeitende Abdichtungsstoffe; Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin

Der Autor

Prof. Dr.-Ing. Peter Schmidt
1998 erhielt Peter Schmidt den Ruf auf die Professur für Baukonstruktion, Ingenieurholzbau und Bauphysik im Department Bauingenieurwesen der Universität Siegen. Er ist Herausgeber und Autor zahlreicher Veröffentlichungen auf den Gebieten der Bauphysik sowie des konstruktiven Ingenieurbaus. Weiterhin hält er Vorträge zu verschiedenen aktuellen Themen des Bauwesens.

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